Herausgeber: © Bewegung Stoppt die Sanktionen
Wie mit der anhaltenden Krise umgehen?
Deutschland führt zusammen mit der gesamten Europäischen Union, den NATO-Verbündeten und anderen westlichen Ländern einen Wirtschaftskrieg gegen Russland. Das ist eine Tatsache, die niemand bestreiten will. Wie sehen die realen Folgen dieses Krieges für die deutsche Wirtschaft aus, und welchen Schaden konnte man dem Gegner, also Russland, zufügen?
Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland
Im vergangenen Jahr wuchs das BIP Russlands um 3,6 %. Der Internationale Währungsfonds erwartet derzeit, dass das russische BIP in diesem Jahr um 3,2 % und im Jahr 2025 um weitere 1,5 % wachsen wird. Das deutsche BIP hingegen schrumpfte im vergangenen Jahr um 0,3 % ( laut Wikipedia) und wird laut Einschätzung des Kieler Instituts im Jahr 2024 voraussichtlich um weitere 0,1 % sinken. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer ging bereits im Oktober letzten Jahres davon aus, dass der Rückgang in diesem Jahr noch stärker ausfallen und 0,5 % betragen wird. Unabhängig davon, wer am Ende recht behält, ist eines klar: Für die Deutschen sind die deutschen Sanktionen ungleich gefährlicher als für die Russen.
Viele mögen vielleicht denken, dass ein Rückgang des BIP um 0,5 % nicht allzu dramatisch ist und möglicherweise einen akzeptablen Preis für die Niederlage darstellt, die man Russland zufügt. Doch Russland erleidet keine Niederlage. Die Niederlage erleiden wir.
Wie sehen diese 0,5 % Rückgang des BIP in der Praxis aus? Hier sind die neuesten Aussagen der Volkswagen-Führung über Pläne, zwei große Werke in Deutschland zu schließen und auf Arbeitsplatzgarantien für 110.000 Beschäftigte zu verzichten – ein weiteres Alarmsignal für die deutsche Wirtschaft. Im vergangenen Jahr sank die Industrieproduktion in Deutschland bereits um 1,5 %. Die neuesten verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Produktion im Juli dieses Jahres im Vergleich zum Juli des Vorjahres um 5,3 % zurückging. Der Abschwung in der Industrie wird immer stärker, und es gibt derzeit keinerlei Anzeichen für eine Verbesserung der Lage.
Gleichzeitig steigt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen rasant an. Im ersten Halbjahr meldeten in Deutschland 11.000 Unternehmen Insolvenz an, was einem Anstieg von 30 % gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. Hier ist eine Grafik, die den monatlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zeigt.
Immer mehr Unternehmen ziehen es vor, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Während eine Umfrage im Sommer 2022 ergab, dass 16 % der befragten deutschen Unternehmen solche Pläne verfolgten, waren es im Sommer 2024 bereits 49 %, die ihre Kapazitäten außerhalb Deutschlands verlagerten. Dies bedeutet perspektivisch einen katastrophalen Anstieg von Arbeitslosigkeit und Armut. Obwohl diese Zahlen bereits jetzt rasant steigen – allein im Juli 2024 + 82.000 Arbeitslose mehr. (laut Wirtschaftliche Entwicklung belastet den Arbeitsmarkt.).

Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Kunden bei den Tafeln um 35 %. Aus den makroökonomischen Kennzahlen sollte zudem der Anstieg der Staatsverschuldung Deutschlands besonders beachtet werden. Es ist daher wenig überraschend, dass wir es mit einem katastrophalen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu tun haben, der bereits die Stabilität unseres gesamten Sozialsystems bedroht.
Ursachen der Wirtschaftskrise
Der Hauptgrund für die derzeitige Lage wird im Bericht des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, genannt. Seinen Angaben zufolge liegen die Strompreise die Erdgaspreise in der EU höher als in den USA, sogar 3 bis 4fach teurer. Bei solch hohen Energie- und Gaskosten konnte die europäische Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber amerikanischen oder chinesischen Produzenten nicht halten.
Denn Energiekosten müssen in die Produktpreise eingerechnet werden – je höher der Verkaufspreis, desto niedriger die Verkaufszahlen.
In Deutschland sind die Strompreise derzeit die höchsten in Europa. Mit anderen Worten: Unsere Industrie verliert in diesem Bereich nicht nur deutlich gegenüber den USA, sondern auch gegenüber ihren Wettbewerbern aus anderen EU-Ländern. In allen Umfragen nennen die meisten Unternehmen die extrem hohen Energie- und Gaskosten als eines ihrer größten Probleme.
Der deutsche Staat verliert allmählich die Fähigkeit, die Situation zu beeinflussen. Sinkende Verkaufszahlen und die massenhaften Insolvenzen von Unternehmen führen zu geringeren Steuereinnahmen im Bundeshaushalt. Gleichzeitig erhöht die steigende Arbeitslosigkeit die Ausgaben für Sozialleistungen. Selbst wenn man die unendliche Finanzierung von Waffenlieferungen an die Ukraine, die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge und die Investitionen in fragwürdige Projekte wie Fahrradwege in Peru außer Acht lässt, bleiben im Haushalt immer weniger Mittel übrig. Diese reichen nicht mehr aus, um groß angelegte Investitionen zu tätigen, die den Trend umkehren und die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs bringen könnten.
Natürlich könnten wir die Schuldenbremse aussetzen und Krisenprogramme durch eine höhere Staatsverschuldung finanzieren. Wir könnten die Kernkraftwerke wieder in Betrieb nehmen. Oder wir könnten einfach gar nichts tun und die Wirtschaft ihrem Schicksal überlassen – dem Abgrund entgegen. Es ist offensichtlich, dass keines dieser Szenarien praktisch umsetzbar ist oder die Unterstützung des Parlaments finden wird.
Was ist zu tun, um die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands zu lösen?
Es ist klar, dass zur Rettung der deutschen Wirtschaft grundlegend neue Ansätze erforderlich sind. Hier sind einige der wichtigsten:
- Neubewertung der Wirtschaftssanktionen gegen RusslandAuch wenn es kurzfristig unmöglich sein sollte, einen Teil der Sanktionen aufzuheben, müssen wir die EU-Sanktionen einhalten, ohne unsere Wirtschaft in den Abgrund zu stürzen. Unabhängig davon, wie wir zur Politik der Regierungen Ungarns, der Slowakei oder Österreichs stehen, können wir in dieser Hinsicht von ihnen lernen. Österreich bezieht nach wie vor etwa 90 % seines importierten Gases über eine Pipeline aus Russland, die durch die Ukraine führt. Über viele Jahre, ja sogar Jahrzehnte der Zusammenarbeit, hatte Österreich nie Probleme mit diesen Lieferungen. Auch wir hatten keine – bis ukrainische Taucher die „Nord Stream“- Pipelines in die Luft sprengten.
- Die Wiederaufnahme der Gasversorgung Deutschlands mit russischem Pipeline- Gas ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig. Derzeit fallen russischePipeline-Gaslieferungen nicht unter die EU-Sanktionen. Eine der Leitungen von „Nord Stream 2“ ist unbeschädigt und könnte praktisch jederzeit in Betrieb genommen werden.
- Russisches Gas ist für Deutschland unverzichtbar. Es gibt keinen Grund, warum wir die „Nord Streams“ nicht wiederherstellen könnten. Laut Experten belaufen sich die minimalen Kosten für die Reparatur auf 500 Millionen US-Dollar. Der Schaden, den die deutsche Wirtschaft durch die Energiekrise erlitten hat, beträgt laut dem Institut der Rechnungsprüfer mindestens 545 Milliarden Euro. Die Schlussfolgerung ist offensichtlich.
- Die Sanktionen gegen Russland können nicht sofort aufgehoben werden, aber die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland müssen trotz der Sanktionen wiederhergestellt werden. Das bedeutet, den Handel mit Waren auszuweiten, die nicht unter die Sanktionen fallen oder aus den Sanktionen herausgenommen werden könnten.
- Praktisch bedeutet dies die Notwendigkeit, Freihandelszonen mit Russland zu schaffen. Unser Vorschlag ist, die erste dieser Zonen sofort auf deutschem Boden einzurichten. In dieser Zone sollte ein spezielles Steuer- und Zollregime für den Handel mit einer Reihe von Waren gelten, die nicht mit der Rüstungsindustrie in Verbindung stehen.
- Die erste Zone sollte in Berlin eingerichtet werden. West-Berlin war einst eine Insel der Freiheit innerhalb der DDR. Heute könnten wir eine ähnliche Freihandelsinsel schaffen, die sich mit der Zeit – sobald klar wird, wie vorteilhaft für Deutschland und andere europäische Länder eine friedliche Zusammenarbeit und der Wiederaufbau des Handels mit Russland ist – auf die gesamte EU ausweiten könnte.
- Der beste direkte Handelsweg zwischen Russland und Deutschland in Zeiten von Instabilität und anhaltenden Kämpfen in der Ukraine führt über die Ost- und Nordsee. Eine Freihandelszone mit Russland sollte in Hamburg eingerichtet werden – Deutschlands wichtigstem Seehafen. In den Jahren 2022-23 ging der Güterumschlag in diesem Hafen um 3,5% (laut Statista) jährlich zurück. Dasselbe geschieht 2024. Der Grund dafür ist eindeutig – die gegen Russland verhängten Sanktionen. Die Lösung liegt auf der Hand – der Handel muss wieder aufgenommen werden.
- Eine dritte, möglicherweise noch umfangreichere Freihandelszone sollte außerhalb Deutschlands und der EU geschaffen werden. Es wäre sinnvoll, dies in einem der Länder zu tun, die derzeit Kandidaten für den EU-Beitritt sind, aber nicht durch eine Vielzahl europäischer Beschränkungen gebunden sind. An erster Stelle steht hier die Türkei. Eine Freihandelszone zwischen Deutschland und Russland in der Türkei könnte ein Ort für den Handel sowohl mit Energieressourcen als auch mit Elektronik und verschiedenen Konsumgütern sein, die keine militärische Verwendung haben.
- Zu den EU-Beitrittskandidaten zählen außerdem Albanien, Georgien, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien, Moldawien sowie Bosnien und Herzegowina. Jedes dieser Länder könnte und sollte als Vermittler für den von politischen Beschränkungen befreiten Handel zwischen Deutschland und Russland dienen. In erster Linie könnte man jedoch über eine stärkere Rolle Serbiens und anderer Balkanstaaten im Transitgeschäft nachdenken. Dies geschieht bereits, allerdings nicht durch gezielte Bemühungen Deutschlands. Im Jahr 2024 wird der Handelsumsatz zwischen Serbien und Russland voraussichtlich um mindestens 4,8 % wachsen. Deutschland könnte diesen Wert mit seinen eigenen Waren verdoppeln.
Aus unserer Sicht werden diese Maßnahmen, wenn auch nicht sofort eine neue Ära des Wohlstands und Wirtschaftswachstums einläuten, so doch die Spannungen in der deutschen Wirtschaft erheblich reduzieren. Es geht nicht darum, die Sanktionen gegen Russland um jeden Preis aufrechtzuerhalten, sondern darum, neue Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zu finden.